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Mein Festival-Auftritt: Wo ich Verbündete für Barrierefreiheit fand

Der Veranstaltungssaal füllte sich. Immer mehr Menschen strömten in den Raum. Meine Hand umklammerte das Mikrofon. 

Zum ersten Mal war ich zu einer Podiumsdiskussion eingeladen, nicht als Zuhörerin, sondern als Teilnehmerin. 

Thema beim „Let’s ally“-Festival in Konstanz war Barrierefreiheit im Theater. Neben  mir saßen mehrere Kulturschaffende. Moderatorin Kübra Sekin eröffnete unter tosendem Applaus die Runde. Als ich mit meiner Website gestartet habe, hätte ich im Traum nicht daran gedacht, in der Spiegelhalle vom Theater Konstanz zu stehen. 

Rika am Mikrofon beim "Lets ally"-Festival in Konstanz
Rika am Mikrofon beim „Lets ally“-Festival in Konstanz (Foto: Itje Kleinert)
Rika (Zweite von rechts) auf dem Podium beim "Lets ally"-Festival in Konstanz im Gespräch mit Moderatorin Kübra Sekin
Rika (Zweite von rechts) auf dem Podium beim „Lets ally“-Festival in Konstanz im Gespräch mit Moderatorin Kübra Sekin (Foto: Itje Kleinert)

Im Laufe der Diskussion wurde mir die Frage gestellt, auf die ich mich in den letzten Wochen vorbereitet habe. 

Die Frage an mich auf dem Podium:

„Rika, du erzählst offen von deinem Weg zu mehr Selbstbestimmung. Wie hast du persönlich Theater und Kultur erlebt, bevor du diese Freiheit gewonnen hast – und wie ist das heute?”

Ein Kribbeln durchfuhr meinen Körper, als ob ich unter Strom stand. Die Zuschauer schenkten mir ihre Aufmerksamkeit. Ich möchte  euch erzählen, wie sich meine Sicht auf Konzerte und Festivals verändert hat, seit ich mich nicht mehr davon abhalten lasse, sie zu besuchen.

Mit den Jahren schärfte sich meine Wahrnehmung bei solchen Events, denn ohne den visuellen Aspekt liegt der Fokus stärker auf dem Klang der Musik. Ich schließe die Augen und lausche dem Gesang vom Künstler, statt mich den Lichteffekten auf Konzerten auszusetzen.

Das war nicht immer so. Zu Beginn meiner Reise in die Kultur- und Musikszene erlebte ich Aufregung, Herzrasen und Stress. Mein psychischer Zustand ließ es lange nicht zu, solche Momente zu genießen. Alles war neu für mich. Ich musste erst herausfinden, wie ich so einen Konzert-Besuch für mich gestalten kann.  

Das fand ich langsam heraus, als ich mit Studenten unterwegs war. Zu dieser Zeit lebte ich im Wohnheim in Weingarten und Teilhabe war ein Fremdwort für mich. Nur durch die Studenten, die ich mir selbst als ehrenamtliche oder geringfügig bezahlte Assistenten selbst organisiert habe, konnte ich mein Interesse an Livemusik endlich ausleben. Inzwischen lebe ich an einem anderen Ort, aber habe mir auch dort Assistenten organisiert – jetzt läuft alles etwas professioneller. Ich habe gelernt, auf mein Bauchgefühl zu hören, ob ich jemandem vertrauen kann – also, ob die Assistenzperson mich als Persönlichkeit sieht oder nur meine Behinderung wahrnimmt.

So fällt mein Fazit der Veranstaltung aus

Was ich großartig an der Podiumsdiskussion in Konstanz fand: Ich habe andere Menschen kennengelernt, die wie ich für barrierefreie Kulturveranstaltungen kämpfen. Draußen an der frischen Luft gesellte ich mich zu Franzi von der Organisation BARRIEREFREI FEIERN

Buntes Programmplakat vor einem Pavillion am Eingang zum "Lets ally"-Festival in Konstanz
Im Pavillion vor der Spiegelhalle des Theaters Konstanz war die Initiative BARRIEREFREI FEIERN am Start. (Foto: Itje Kleinert)

Diese Initiative ist ein bundesweiter Verband für Menschen mit und ohne Behinderung, der sich für barrierefreie Kulturangebote einsetzt und Veranstaltende in der Planung und Durchführung von Events berät. Ziel ist die Förderung von Teilhabe und Inklusion in der Veranstaltungsbranche, wobei Menschen mit Behinderung aktiv einbezogen werden.  

Eine ganz neue Erfahrung

In Konstanz erlebte ich zum ersten Mal, wie es ist, als aktive Teilnehmerin bei einer Veranstaltung dabei zu sein: Als Bloggerin war ich zu dem Thema barrierefreie Veranstaltungen eingeladen. Großartig für mich, ein Festival zu besuchen, das für Menschen mit und ohne Einschränkungen konzipiert ist.

Zum ersten Mal musste ich einen Reader ausfüllen und wurde nach meinem Unterstützungsbedarf vor Ort gefragt. Normalerweise gehe ich auf Festivals, wie das Southside Festival, ohne solchen Fragen zu begegnen. Ich musste nur einen Fahrer für die Hin- und Rückfahrt organisieren, da eine Begleitperson vor Ort war.

Neue Bekanntschaften geschlossen

Das Let’s Ally Festival war die Reise wert. Das erste Mal am Mikro vor Publikum gesprochen, neue Bekanntschaften geschlossen und um eine Erfahrung reicher. 

Bei ähnlichen Veranstaltungen bin ich sofort dabei. 

Weitere Infos: 

Das „Let’s Ally“-Festival wird vom Theater Konstanz organisiert und fordert Inklusion und Teilhabe in der Gesellschaft. 

Das Kollektiv Barrierefrei feiern findet ihr unter dieser Adresse: https://barrierefrei-feiern.de/