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Hausschlüssel steckt im Schlüsselloch

Verzweifelte Suche nach barrierefreier Wohnung findet ein Ende 

Mein Traum scheitert an der Realität: Warum ich jetzt auf dem Land statt in der Stadt leben muss

Ich sehe nichts weiter außer Beton, Staub und Zement. Nach 4 Jahren intensiver Wohnungssuche ist mein Luftschloss wie eine Seifenblase zerplatzt.  Anstatt in die pulsierende Metropole Berlin, wie ich es mir erträumt hatte, führte mich  mein Weg in ein Neubaugebiet auf dem Land. Ehrlich gesagt, das war schon immer mein Albtraum. Die Vorstellung, in der Nähe  meiner Eltern zu wohnen, habe ich lange Zeit abgelehnt, weil es sich anfühlte wie ein Rückschritt. Statt den aufregenden urbanen Lebensstil zu genießen, stehe ich jetzt in einem grauen und tristen Rohbau. Hier findet meine verzweifelte Suche nach einer barrierefreien Wohnung ihr Ende.

Betonwand
Mitten in Beton und Staub zerplatzt der Traum von der eigenen Wohnung in einer Großstadt. (Foto: Pexels/Lum3n)

Diese Wohnung – eine Vernunftentscheidung 

Was anderes hat sich nicht ergeben, ich habe monatelang gesucht und mir viele Optionen angesehen. Doch immer gab es einen Haken. Die Suche nach einer barrierefreien Wohnung ist eine extrem herausfordernde Reise. Die Mietpreise in den Städten sind oft sehr hoch. Und bei meiner Suche stimmten die Informationen sowie Bilder auf Wohnungs-Plattformen selten mit der Realität überein. 

Herausforderungen auf der verzweifelten Wohnungssuche

Ein treffendes Beispiel gefällig? Beim Besuch einer interessant klingenden Wohnung, die als barrierefrei angepriesen worden war, fielen mir direkt die Stufen auf, die den Zugang erschwerten. Zudem machte mir das fehlende Geländer vor der Haustüre große Sorgen.

Drinnen angekommen, stellte ich fest, dass es keine Dusche gab. Stattdessen war eine Wanne vorhanden, über die ich unmöglich steigen konnte – eine nahezu unüberwindbare Hürde für mich. Solche Barrieren machen eine Wohnung schnell unattraktiv für Menschen wie mich.

Ein weiteres Beispiel war eine Immobilie, die anfangs vielversprechend klang, jedoch außerhalb der Stadt lag. Obwohl ich dachte, die Lage könnte akzeptabel sein, wurde mir schnell klar, dass die fehlenden Verkehrsanbindungen meinen Alltag stark einschränken würden. 

Barrierefreiheit und Mietpreise als Schlüsselfaktoren 

Wenn ich mal eine barrierefreie Wohnung entdeckt hatte, war sie zu teuer. Die hohen Mietpreise trägt das Amt nicht – darauf bin ich aber angewiesen. Schließlich haben  meine Eltern in einem Gebiet investiert und für mich eine Neubauwohnung gekauft – eine Möglichkeit, die leider nicht jedem zur Verfügung steht.

Umzugskarton wird mit transparentem Klebeband verschlossen.
Als die Wohnung fertig ausgebaut war, habe ich mich darin ausgebreitet und meine ganzen Sachen dort hingebracht. So fühle ich mich langsam zuhause. (Foto: Pexels/Karolina Grabowska)

Ich lebe nun in einer 47 m² großen Wohnung, dem Amt sind das zwei Quadratmeter zu viel. Menschen mit Behinderung dürfen in meiner Gemeinde nur 45 m² Wohnfläche beanspruchen. Daher habe ich ein weiteres Mal Glück: Durch die Unterstützung meiner Eltern für diese Wohnung kann ich mir auch die zwei Quadratmeter mehr leisten. Ohne die Unterstützung wäre ich völlig aufgeschmissen, denn die Ämter kümmert es meinem Eindruck nach nicht, ob ich mit meinen Einschränkungen ein selbstbestimmtes Leben führen kann. Sie sehen oft nur das Geld und nicht die menschlichen Bedürfnisse. 

Suche nach einer barrierefreien Wohnung beendet – doch das reicht noch nicht 

Am Anfang fiel es mir schwer, mich in meiner neuen Wohnung zurechtzufinden. Als meine Bilder an den Wänden hingen und ich für das Wohnzimmer und das Esszimmer eine Lampe gekauft hatte, entstand aber nach und nach ein vertrautes Ambiente. Als ich öfters übernachtete, und begann, die Küche einzurichten fühlte ich mich langsam zu Hause. 

Doch mir wurde klar, dass die Gestaltung der Wohnung nicht ausreicht, um den Traum eines selbstbestimmten Lebens zu verwirklichen. Ich brauche im Alltag Assistentinnen bei ziemlich vielen Aufgaben. Und solange das Team nicht richtig arbeitet, bleibt eine gewisse Sorge als Mitbewohnerin präsent. Es ist die Unterstützung, die letztendlich entscheidend ist, um wirklich anzukommen und mein neues Lebensgefühl zu genießen. Also suche ich weiter nach zuverlässigen Assistentinnen für mein Team. Warum das so schwierig ist, welche Auflagen die Suche erschweren und wofür ich überhaupt Hilfe brauche, das erzähle ich Euch bald in meinem nächsten Text. 

Vernetzung schafft Inklusion – Ämter im Verzug

Ich bin Rika Spitz, 34 Jahre, und lebe mit einer Seh- und Geheinschränkung. Vor 2 Jahren bin ich von Weingarten zurück zu meinen Eltern nach Althengstett gezogen. Mich mit meinen Fragen zu Hilfestellungen für Menschen mit Behinderung an die Gemeinde Althengstett zu wenden, kam mir erst gar nicht in den Sinn. Ein Angebot, wie es von der Unabhängigen Teilhabe Beratungsstelle (EUTB) aus Calw angeboten wird, kannte ich aus Althengstett nicht. Deshalb wandte ich mich direkt an die Stelle in Calw, die ich noch von früher kannte und die mit meinem Fall bereits vertraut waren.

Einige Monate später habe ich erfahren: Im Althengstetter Rathaus ist gar nicht bekannt, dass es die Beratungsstelle in Calw gibt. Um ehrlich zu sein, hat mich diese Erkenntnis ein klein wenig geschockt. Eine Person mit Einschränkung, die neu nach Althengstett zieht, könnte von der Gemeinde einen Hinweis auf die EUTB brauchen, die Hilfsangebote in der Region für Menschen mit Behinderung sammelt und weitergibt. Die Gemeinde sollte Menschen mit Behinderung mit solchen Informationen unter die Arme greifen, finde ich.

Auch die Beratungsstelle muss in gutem Kontakt mit Ämtern stehen, um den Betroffenen die richtigen Informationen zu geben. Betroffene sind darauf angewiesen, zügig die richtigen Ansprechpartner für ihre Anliegen zu finden, um dann Anträge auf Unterstützung stellen zu können. Sie sind die Leidtragenden, wenn der Informationsfluss nicht gut funktioniert.

Findet eine effektive Kommunikation unter den Mitarbeitern von Ämtern und Beratungsstellen statt, kann folgendes erreicht werden:

  • Rathausmitarbeiter können neuen Bürgern mit Einschränkung Beratungsstellen empfehlen und einen Zugang zum Hilfesystem ermöglichen.
  • Austausch von Wissen über Unterstützungsbedarf von Menschen mit Einschränkung
  • Eine Gemeinde wie Althengstett könnte Mitarbeiter von Beratungsstellen als Experten heranziehen, wenn es darum geht, Bauprojekte oder Stadtfeste barrierefrei zu gestalten.

Ich habe mehr als 10 Jahre Erfahrung mit verschiedensten Ämtern. Im Augenblick kämpfe ich um das persönliche Budget, damit ich ein selbstbestimmtes Leben führen kann. Dabei stelle ich immer wieder fest, dass Eigeninitiative erforderlich ist. Die praktische Umsetzung läuft über ein selbst zusammengebasteltes Team von mir. Diese Helfer zu finden, hat ein Jahr gedauert. Sie führen mich durch den Dschungel an Bürokratie und unterschiedliche Ansprechstellen. Alleine wäre ich wirklich aufgeschmissen.